Blick in die Berge, © Tourismus Lenggries, Adrian Greiter

Privates Kurbad

Privates Kurbad

1831 kaufte ein Privatier die Jodquelle vom Staat und gab ihr einen Namen. 1854 wurde das in kleine Flaschen abgefüllte Wasser mit hohem Jodgehalt bereits europaweit verkauft und der beschauliche Ort verwandeltet sich zu einem gut besuchten und florierenden Privatbad.

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Gut 100 Jahre waren ins Land gegangen, seit der letzte Kurgast vom bayerischen Kurfürstenhof in Heilbrunn gewesen war. Die Quelle fiel im Zuge der Säkularisation an den Staat, wo man sie, da sie kein Geld einbrachte, verkümmern ließ, bis sich die bayerische Akademie der Wissenschaften dafür zu interessieren begann.

Zu diesem Zeitpunkt zähle Heilbrunn gerade einmal elf Familien, als, von wissenschaftlichen Vorträgen inspiriert, 1830 ein königlicher Medizinalrat zur Heilquelle reiste, um Proben zu entnehmen, obwohl diese „von Schlamm und faulem Holze sehr verunreinigt sei[1]“. Die Wirkung des Wassers aber überzeugte ihn so sehr, dass er sich aufmachte, einen Käufer für die Quelle zu finden.

Er fand ihn in dem Münchner Privatier Moritz Debler, der, von Pioniergeist geprägt, 1831 die Heilquelle kaufte, neu fassen ließ und sich schließlich an König Ludwig I. wandte mit der Bitte, die Quelle „Ludwigsbrunnen“ nennen zu dürfen. Eine Antwort ließ nicht lange auf sich warten und es war der Landesherr höchstpersönlich, der Debler unterrichtete:

An das Staatsministerium des Inneren:

Adelheidbrunnen soll diese Heilquelle genannt werden, zum dankbaren Andenken an dessen Wirkung auf die Kurfürstin Adelheid, welche nach achtjähriger unfruchtbarer Ehe auf den Gebrauch dieses Brunnens von dem Kurfürsten Max Emanuel im folgenden Jahre entbunden wurde.

München, 18. Juni 1831         Ludwig[2]

Bereits neun Jahre später hatte sich Moritz Deblers Sinn fürs Geschäft ausgezahlt. Rund 8.000 Fläschchen verschickte er in ganz Europa, bis 1854 sollte die Zahl auf über 40.000 Flaschen pro Jahr steigen. Trotz fehlender Verkehrsanbindung stellten sich immer mehr Kurgäste ein und so langsam begannen die Einheimischen zu begreifen, welchen Schatz sie da in ihrem Boden hatten. So wurden die beiden ortsansässigen Wirtschaften modernisiert und vergrößert, Pensionen schossen aus dem Boden, die selbstbewusst „Villen“ genannt und dieser Vorstellung durchaus gerecht wurden.

Ein jeder zog mit und so brachen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neue Zeiten für Bad Heilbrunn an: der rein ländliche Ort mauserte sich zu einem Privatbad, dessen Wahrzeichen ein klassizistischer Quellentempel am Fuße des Kirchhügels werden sollte.

Anfang der 1870er Jahre verkaufte Debler dann jedoch die mittlerweile europaweit bekannte Adelheidquelle nebst seiner Firma und einigem Grund an das Kunstschlosserehepaar Friedrich und Anna Hoeck aus München. Unter den neuen Eigentümern florierte das Bad weiter, mit dem Kurhaus-Hotel ließen sie das größte und vornehmste Hotel am Ort errichten. Doch damit nicht genug: direkt vis-à-vis entstand ihre Villa Bellevue, ebenfalls ein Hotel. Als eines der wenigen Gebäude konnte es seine ursprüngliche Fassade über die Zeiten retten, es ist das heutige Rathaus.

1912, nach dem Tode seiner Ehefrau, veräußerte Friedrich Hoeck die Quelle und alle zum Kurbetrieb gehörigen beweglichen und unbeweglichen Güter an die Jodquellen-AG in Bad Tölz. Unter der neuen Ägide wurde das Privatbad weiter ausgebaut, die alte, hölzerne Wandelhalle 1934 durch eine größere, gemauerte ersetzt, das Kurhaus-Hotel erweitert. Selbst zwei Weltkriege konnten das Privatbad nicht erschüttern, nach kurzen Unterbrechungen stellten sich immer wieder Gäste ein. Doch der Rückschlag kam schleichend. Die Gesellschaft wurde mobiler, Italien als Urlaubsziel war plötzlich für alle erreichbar. Die 1980er Jahre brachten eine tiefgreifende Gesundheitsreform und Jod, der Hauptinhaltsstoff der Quelle, war in Tablettenform leichter zu dosieren und bequemer einzunehmen. Dem gegenüber standen die Kosten zur Erhaltung der Quelle und der Anlagen. 1981 schloss das Kurhaus-Hotel und 845 Jahre, nachdem sie ununterbrochen Mensch und Tier Heil gebracht hatte, durfte auch die Quelle nur mehr hinter verriegelten Türen sprudeln.

Nach 33 Jahren Stillstand gelang es 2015 der Gemeinde, das brach liegende Areal um Kurhotel und Wandelhalle kaufen. Bad Heilbrunn wird sicherlich ein weiteres Mal sein Gesicht wandeln.

[1]Wetzler J.E., Die Jod- und Bromhaltige Adelheidquelle zu Heilbrunn, Augsburg 1843, S. 5.

[2]BayHStA München, MInn Nr. 62317

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